Inhaltsverzeichnis:
Verschiedene Höranlagensysteme
Aktueller Standard bei Höranlagen im öffentlichen Raum sind unangefochten die induktionsbasierenden Systeme (T-Spule). Allerdings gibt es auch alternative Systeme, die mittels Funk (FM-Anlage) oder über WiFi-Streaming funktionieren. Alle Systeme setzen ein ausreichendes Hörvermögen voraus und sind somit nicht für Gehörlose geeignet. Welches dieser Systeme sich langfristig auf dem Markt etabliert, wird die Zukunft zeigen.
Induktive Höranlage
Bei einer induktiven Höranlage (auch Induktionsschleifenanlage, Induktionsschleife oder Ringschleifenanlage) können über im oder auf dem Boden verlegte Drahtschleifen Audiosignale mittels Induktion direkt in Hörgeräte oder Cochlea-Implantate mit T-Spule übertragen werden. Details zur induktiven Höranlage bietet u.a. der Ratgeber „refeRATgeber 1“ des DSB. Hersteller für induktive Höranlagen sind u.a. Ampetronic (Deutschlandvertrieb durch die Firma Laauser & Vohl), AUDIOropa (ein Unternehmensbereich der Humantechnik-Gruppe) und Univox (Deutschlandvertrieb durch die Firma Audio Pro). Für den privaten Bereich wie auch für kleinere öffentliche Anwendungen (kleine Konferenzsäle, Informationsschalter) gibt es u.a. von Humantechnik und von Geemarc relativ einfach zu installierende induktive Höranlagen als Komplettset.
Vorteile:
- Menschen mit Hörsystemen (Hörgerate oder Cochlea-Implantate) mit T-Spule können die Anlage ohne Zusatzgeräte direkt und recht einfach nutzen.
- Menschen ohne eigene Hörsysteme oder mit Hörsystemen ohne T-Spule könne die Anlage über zusätzlichen Induktionsempfänger mit Kopfhörern nutzen.
- Relativ geringe Anschaffungs- und Installationskosten
- Relativ geringe Betriebskosten, wenn die Anlage nur über die T-Spule genutzt wird.
Nachteile:
- Für eine einwandfreie Funktion der induktiven Höranlage ist eine genaue Anpassung an die geometrischen und physikalischen Gegebenheiten vor Ort durch Fachbetriebe gemäß DIN EN 60118-4 notwendig.
- Induktiven Höranlagen sind nur begrenzt für temporäre Einsatze geeignet. Es gibt zwar auch mobile Systeme, allerdings müssen hier aufgrund der komplexen Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten häufig Abstriche bei der Signalqualität gemacht werden.
Funkbasierende Höranlage (FM-Anlage)
Bei einer funkbasierenden Höranlage (auch: FM-Anlage) werden die Audiosignale über einen Funksender (stationärer Sender oder auch Hand- bzw. Taschensender) an entsprechende Funkempfänger (auch Streamer) gesendet. Der Funkempfänger leitet die Signale dann per Induktionshalsringschleife, Kabel oder Bluetooth an das Hörgerät bzw. Cochlea-Implantat oder an einen handelsüblichen Kopfhörer weiter. Hersteller von funkbasierenden Höranlagen für den öffentlichen Raum ist u.a. AUDIOropa (ein Unternehmensbereich der Humantechnik-Gruppe).
Vorteile:
- Einfache Installation sowohl bei größeren Anlagen (z.B. in Veranstaltungs- und Besprechungsräumen) wie auch bei kleineren Anlagen.
- Aufgrund der einfachen Installation auch für temporäre Nutzung gut geeignet.
- Kleinere Anlagen können problemlos auch mobil z.B. für (Museums-)Führungen genutzt werden.
- Große Reichweite des Funksignals.
Nachteile:
- Für jeden Nutzer der FM-Anlage muss ein eigener Funkempfänger (mit passender Weiterleitung: T-Spule, Kabel, Bluetooth, Kopfhörer) zur Verfügung gestellt werden.
- Erhöhter Aufwand beim Betreiben der Anlage: Einsammeln, Laden und Reinigen der Funkempfänger nötig.
Höranlage mit WiFi Streaming
Beim WiFi-Streaming werden die Signale einer vorhandenen Audio-Infrastruktur mittels eines speziellen Senders über ein bestehendes WiFi auf das Smartphone des Nutzers übertragen. Das Smartphone übermittelt dann das Signal mittels Kopfhörer oder mittels einer direkten Kopplung des Smartphones mit dem Hörsystem (per Bluetooth oder über Zusatzgeräte) weiter. Die Steuerung erfolgt über eine eigene App. Hersteller für Höranlagen mit WiFi Streaming sind Sennheiser mit Mobile Connect und Listen Technologies mit Listen EVERYWHERE.
Vorteile:
- Einfache Installation des Systems
- Weniger Aufwand beim Betreiben der Anlage, da die Nutzer ihre eigenen Empfänger mitbringen.
- Relativ geringe Betriebskosten
- Sollten zukünftige Hörsysteme standardmäßig über eine direkte Kopplung mit dem Smartphone via Bluetooth verfügen, benötigt der Nutzer für die Übertragung keine speziellen Zusatzgeräte außer dem eigenen Smartphone.
Nachteile:
- Der Nutzer benötigt neben eines Smartphones (mit ausreichend Akku) auch einen Kopfhörer oder eine direkte Kopplungsmöglichkeit des Smartphones mit dem Hörsystem (z.B. per Bluetooth)
- Laut Nutzern aktuell noch eine deutlich wahrnehmbare Latenz (Verzögerung des Audiosignals zum „Live-Signal“)
- Aktuell noch relativ hohe Anschaffungskosten
Schriftdolmetscher
Da Spätertaubte oder (hochgradig) schwerhörige Menschen meist eine lautsprachliche Prägung haben und u.U. über keine ausreichenden Kenntnisse der Gebärdensprache verfügen, benötigen sie für eine Kommunikation im öffentlichen Raum eigene Dolmetscher, sog. Schriftdolmetscher. Schriftdolmetscher übersetzen das gesprochene Wort entweder eins zu eins oder in gekürzter Version in Schriftsprache und erzeugen somit eine Art Live-Untertitel, der dann z.B. über eine Leinwand mittels eines Beamers gelesen werden kann. Sie ermöglichen es dadurch Betroffenen Reden, Vorträgen und Diskussionen direkt zu folgen.
(Anmerkung: Theoretisch ließen sich solche Untertitel auch mittels digitaler Spracherkennung automatisch generieren. Praktisch ist diese Technik aber gerade auch in schwierigeren akustischen Situation wie z.B. bei Vorträgen noch zu fehleranfällig.)
Gebärdensprachdolmetscher
Gehörlose oder Frühertaubte kommunizieren untereinander meist über Gebärden. Um ihnen die Kommunikation mit Personen, die der Gebärdensprache selbst nicht mächtig sind, zu ermöglichen gibt es spezielle Dolmetscher, sog. Gebärdensprachdolmetscher. Sie sind selbst hörend und übersetzen zwischen den beiden Gruppen in beide Richtungen.