Die folgenden Inhalte spiegeln lediglich persönliche Erfahrungen und Meinungen wieder. Es handelt sich hierbei ausdrücklich um keine medizinische oder fachliche Beratung.
Falls der Verdacht einer Hörminderung besteht, sollte zeitnah ein HNO-Arzt aufgesucht werden. Sollte sich dieser Verdacht bei einem Hörtest bestätigen, folgt eine genaue Diagnostik durch den HNO-Arzt um den Grund der Hörminderung zu ermitteln.
Die häufigste Form der Schwerhörigkeit ist die sog. Innenohrschwerhörigkeit (ca. 90%). Der Schall gelangt hier ohne Behinderung durch den Gehörgang (Teil des Außenohrs) über das Trommelfell und die Gehörknöchelchen (Teil des Mittelohrs) zur Hörschnecke (Teil des Innenohrs). Meistens liegt die Ursache einer Innenohrschwerhörigkeit in einer Beeinträchtigung der Haarsinneszellen in der Hörschnecke, der sog. Cochlea. Mögliche Gründe sind neben verschiedenen Erkrankungen auch eine „Abnutzung“ durch Lärm. Je mehr Lärm wir in unserem Alltag ausgesetzt sind desto früher kommt es zu einer merklichen „Abnutzung“ der Haarsinneszellen. Da diese Art der Hörminderung meistens erst im fortgeschrittenen Alter auftritt, wird sie auch als Altersschwerhörigkeit bezeichnet.
Bei der Altersschwerhörigkeit sind die vor allem die hohen Töne von einer Hörminderung betroffen. Da nicht alle Tonlagen (Frequenzen) gleich betroffen sind, macht es folglich auch keinen Sinn die Lautstärke insgesamt zu erhöhen (wie es z.B. gerne mit dem Fernseher gemacht wird). Ein Hörgerät im Gegensatz hierzu verstärkt verschiedene Tonhöhen (Frequenzen) unterschiedlich. Hierdurch ergibt sich ein deutlich besseres Sprachverstehen als bei einem einfachen Erhöhen der Gesamtlautstärke.
Frühzeitige Hörgeräteversorgung
Grundsätzlich sollte Eitelkeit kein Grund dafür sein, dass man die Nutzung von Hörgeräten lange aufschiebt. Wer meint, dass er/sie mit Hörgeräten alt wirkt, sollte sich fragen, wie es wirkt, wenn man Gesprächen nicht mehr folgen kann. Wenn man bereits Gesagtes wiederholt oder unpassende Antworten gibt, wirkt dies mit Sicherheit älter, als wenn man Hörgeräte trägt.
Typische Strategien zur Vertuschung der Schwerhörigkeit
Möglichst viel reden und andere nicht zu Wort kommen lassen um den Gesprächsverlauf und somit die Gesprächsthemen zu bestimmen.
Wenn etwas nicht verstanden wurde, einfach die Emotionen des Gesprächspartners imitieren; z.B. lachen , wenn er lacht.
Bei nicht verstandenen Fragen einfach irgendeine Antwort geben, von der man glaubt, dass sie passen könnte.
Unverbindliche Floskeln wie „Das ist aber interessant.“ ins Gespräch einstreuen um vorzutäuschen, dass man dem Gespräch folgen könnte.
Sich am Gespräch nicht beteiligen.
Zudem gibt es mittlerweile auch sehr kleine Hörgeräte, die kaum auffallen. So liegen die sog. CIC-Hörgeräte (CIC = Completely In Canal) und die IIC-Hörgeräte (IIC = Invisible In Canal) vollständig im Gehörgang und sind von außen kaum sichtbar. Details hierzu im Unterkapitel Hörgerätebauformen.
Obere Reihe: CIC-Hörgerät, ITC-Hörgerät, ITE-Hörgerät; untere Reihe: RIC-Hörgerät, Hörgerät mit Schallschlauch (Quelle: GN Hearing, Modell Interton Ready)
CIC-Hörgerät (Quelle: Signia, Modell: Silk Nx)
CIC-Hörgerät (Quelle: Signia, Modell: Silk Nx)
RIC-Hörgerät (Quelle: Signia, Modell: Styletto X)
RIC-Hörgerät (Quelle: Signia, Modell: Styletto X)
Gutes Hören bedeutet unter anderem auch Teilhabe an der Gesellschaft. So haben Schwerhörige oft Probleme einzelnen Gesprächen in lauter Umgebung zu folgen. Grundsätzlich kann das Gehirn das schlechte Sprachverstehen zwar zu einem gewissen Teil ausgleichen, allerdings erfordert dies deutlich mehr Konzentration und man ist letztendlich schneller erschöpft. Gleichzeitig kann das schlechte Sprachverstehen auf Dauer auch frustrierend wirken. Vermeidung von geselligen Runden und Vereinsamung können die Folge sein. Auch Musik wird bei einer Schwerhörigkeit nicht mehr „korrekt“ wahrgenommen. So klingen die Lieblingslieder von einst häufig nicht mehr so rund wie früher. Durch eine Versorgung mit Hörgeräten kann sowohl das Sprachverstehen wie auch der Klang von Musik deutlich verbessert werden.
Dabei ist eine frühzeitig Versorgung mit Hörgeräten wichtig:
Mit der Zeit gewöhnt sich das Gehirn an das bei einer Schwerhörigkeit veränderte Klangbild. Es verlernt sozusagen den natürlichen Klang. Je länger dieses veränderte Klangbild „gelernt“ wird desto länger dauert es bis sich das Gehirn wieder an den natürlichen Klang gewöhnt.
Mit fortgeschrittenem Alter fällt es dem Gehirn meist schwerer sich an Veränderungen anzupassen. Dies gilt auch für akustische Veränderungen. So ist die Eingewöhnungszeit von Hörgeräten bei älteren Menschen meist länger als bei jüngeren.
Hörgerätekauf
Vor der erstmaligen Hörgeräteversorgung sollte immer der Gang zum HNO-Arzt stehen. Der HNO-Arzt bestimmt zunächst mittels eines Hör- und eines Sprachhörtests das Ausmaß und die Ursache der Schwerhörigkeit. Zeigt sich in der Untersuchung, dass die Schwerhörigkeit mit Hörgeräten behandelt werden kann, wird der HNO-Arzt eine sog. Hörgeräteverordnung ausstellen. Die Hörgeräteverordnung ist die Voraussetzung für eine Bezuschussung der Geräte durch die Krankenkasse.
Da es sich bei Hörgeräten um Medizinprodukte handelt, dürfen in Deutschland nur entsprechend ausgebildete Hörakustiker diese anpassen. Der klassische Weg der Versorgung über einen selbst gewählten ortsansässigen Akustiker wird in den folgenden Kapiteln Erstberatung und Probetragen und Hörgerätekauf beschrieben.
Erstberatung
In der Erstberatung wird der Akustiker zunächst verschiedene Sprach- und Hörtests machen. Die hierbei ermittelten Daten dienen später zur Einstellung der Hörgeräte. Darüber hinaus sollte er den Verlauf und die Größe der Gehörgänge begutachten. Dies ist besonders wichtig um zu prüfen, ob „In-dem-Ohr“-Hörgeräte (IdO) in Frage kommen. Zudem sollte er sich ein genaues Bild darüber machen, welche Hörsituationen und Zusatzfunktionen (wie z.B. Bluetooth) dem Kunden wichtig sind.
Auf Basis dieser Daten wird der Akustiker dann verschiedene Versorgungsmöglichkeiten vorschlagen und deren genauen Vor- und Nachteile erläutern. Sollte der Kunde mit der Beratung zufrieden sein, kann er sich direkt für ein Probetragen der Wunschgeräte entscheiden.
Schirmchen oder Otoplastik
Bei leichter bis mittelgradiger Hörminderung werden für Hörgeräte meist Standardohrpassstücke, sog. Schirmchen oder „Domes“, verwendet. Für das Probetragen von „Hinter-dem-Ohr“-Hörgeräte sollte bei mittel- bis schwergradiger Hörminderung individuell gefertigte Ohrpassstücke, sog. Otoplastiken, verwendet werden. Aber auch bei leichter Hörminderung können solche Otoplastiken Vorteile, wie einen besseren Sitz der Hörgeräte, bieten. Der Akustiker sollte hier individuell beraten, ob eine Lösung mit Schirmchen oder mit Otoplastik für den jeweiligen Kunden besser geeignet ist.
Abdruck des Gehörgangs
Für die Anfertigung der Otoplastiken muss der Akustiker zunächst einen Abdruck beider Gehörgänge nehmen. Auch bei der Entscheidung für „In-dem-Ohr“-Hörgeräte muss ein Abdruck der Gehörgänge gemacht werden, da diese Geräte individuell an den Gehörgang angepasst werden (die Otoplastik ist hier Teil des Gehäuses). Die Anpassung und Erprobung kann in diesen Fällen erst nach der Anfertigung der Otoplastiken bzw. der IdO-Hörgeräte bei einem zweiten Termin erfolgen.
Probetragen und Hörgerätekauf
Bei Verwendung von Otoplastiken oder bei IdO-Hörgeräten sollte der Akustiker zunächst den optimalen, druckfreien Sitz der Otoplastiken bzw. der IdO-Geräte überprüfen. Auf Basis der in der Erstberatung durchgeführten Hör- und Sprachtests werden die Hörgeräte dann an die jeweilige Hörminderung angepasst. Anschließend sollten die Hörgeräte über ca. zwei Wochen ausgiebig getestet werden. Dabei ist es sinnvoll ein sog. Hörtagebuch zu führen. Im Hörtagebuch werden die persönlichen Erfahrungen mit den Hörgeräten in verschiedenen Alltagshörsituationen notiert. Das Hörtagebuch dient beim nächsten Akustikertermin als Diskussionsbasis bei der Beurteilung der Hörgeräte.
Sollte man mit den ersten Hörgeräten nicht zufrieden gewesen sein, sollte man wieder für ca. zwei Wochen ein zweites Paar Hörgeräte Probe tragen. Auch hier sollte man seine Erfahrungen im Hörtagebuch notieren um die Geräte besser untereinander vergleichen zu können. Sollten auch diese zweiten Geräte nicht überzeugen, kann man weitere Geräte testen. Allerdings sollte man sich generell bewusst sein, dass es sich bei Hörgeräten um Hörhilfen handelt. Man wird beim Hören mit Hörgeräten immer Abstriche im Vergleich zum natürlichen Hören ohne Hörminderung machen müssen.
Sobald manch sich für ein bzw. zwei Gerät(e) entschieden hat, geht es an die Bezahlung: Für sog. Kassenhörgeräte wird lediglich eine Zuzahlung in Höhe von 10,-€ pro Hörgerät fällig. Bei den günstigen zuzahlungspflichten Geräten liegen die Preise bei ein paar hundert Euro pro Hörgerät und bei den Premiumgeräten bei rund 2.000,-€ pro Hörgerät. Auch nach dem Kauf sollte man den Akustiker zur Wartung und ggf. zur Anpassung der Geräte regelmäßig aufsuchen.
Wissenswertes zum Hörgerätekauf
Möglichkeiten Hörgerätekauf
Hörgeräte können auf verschiedenen Wegen gekauft werden:
Eigene Wahl eines ortsansässigen Akustikers (klassischer Weg)
Onlinevermittlung eines ortsansässigen Akustikers: Die Auswahl an Akustikern beschränkt sich hier auf die Partnerakustiker der jeweiligen Online-Plattform. Die Bezahlung der Hörgeräte erfolgt an den ortsansässigen Akustiker
Onlinekauf von Hörgeräten: Der Onlineanbieter vermittelt einen ortsansässigen Akustiker, der die Beratung und Anpassung der Hörgeräte übernimmt. Die Bezahlung der Hörgeräte erfolgt an den Onlineanbieter
Versorgung über eine HNO-Praxis: Die Anpassung der Geräte erfolgt über einen externe Akustiker, der in die Praxis kommt, nicht über den HNO-Arzt selbst.
Kauf gebrauchter Geräte (meist von Privatpersonen): Für die Anpassung muss ein ortsansässiger Akustiker gefunden werden. Für die Anpassung und Wartung der Geräte fallen entsprechende Folgekosten an. Die Krankenkasse beteiligt sich bei gebrauchten Geräten nicht an den Kosten.
Sowohl beim Onlinekauf wie auch bei der Versorgung über eine HNO-Praxis sollte vorab geklärt werden wie die Nachsorge geregelt ist.
Wahl Hörgeräteakustiker*in
Ein guter Hörakustiker ist entscheiden für eine zufriedenstellende Hörgeräteversorgung. Was aber macht einen guten Hörakustiker aus? Wichtig sind zwei Punkte:
Soziale Kompetenz: Ganz wichtig auf dem Weg zu einer optimalen Hörgeräteversorgung ist die Beratung durch den Akustiker. Welche Hörsituationen sind dem Kunden wichtig. Welche Zusatzfunktionen werden benötigt. Man sollte sich in der Beratung niemals zu einer Entscheidung gedrängt fühlen und natürlich sollte auch das persönliche Budget bei der Wahl der Hörgeräte berücksichtigt werden. Kassenhörgeräte sind heutzutage deutlich besser als ihr Ruf.
Technische Kompetenz: Auf Basis des Beratungsgesprächs (siehe „Soziale Kompetenz“) ergibt sich eine Vorauswahl an möglichen Hörgeräten. Der Akustiker muss hierfür über genaue Kenntnisse der technischen Daten der einzelnen Geräte verfügen. Für das Probetragen folgt die optimale Anpassung der Hörgeräte. Hauptpunkt ist hier natürlich zunächst die reine Einstellung der Hörgeräte auf Basis des Hörtest. Hinzu kommt ggf. die Anfertigung passender Ohrstücke, die sog. Otoplastiken.
Da jeder gerade den Bereich „soziale Kompetenz“ unterschiedlich empfindet, kann somit auch keine allgemeine Empfehlung für einen bestimmten Hörakustiker gegeben werden. Wichtig ist letztendlich das eigene Bauchgefühl. Man sollte immer das Gefühl haben, dass es sich um ein Beratungs- und nicht um ein Verkaufsgespräch handelt. Falls man sich unwohl fühlt, sollte man keine Hemmungen haben einen anderen Hörakustiker zu testen.
Herstellerwahl & Preise der Hörgeräte
Grundsätzlich kann man sagen, dass die Hörgeräte der verschiedenen Hersteller in der gleichen Preiskategorie auf einem ähnlichen technischen Niveau liegen. Unterschiede findet man in den Details, wie z.B. App-Steuerung, Akkuleistung oder Bluetooth-Verbindungsmöglichkeiten. Der Hörgeräteakustiker erläutert im Beratungsgespräch welche Geräte die gewünschten Funktionen bieten. Allerdings muss man hierbei beachten, dass Hörakustiker im Normalfall nicht alle Hersteller anbieten.
Wichtig ist beim Preis aber auch zu wissen, dass es bei Hörgeräten keine Preisbindung gibt. So kann das gleiche Hörgerät bei verschiedenen Akustikern unterschiedlich viel kosten. Hintergrund sind hier hauptsächlich unterschiedliche Einkaufspreise, die die Hersteller den Hörgeräteakustikern gewähren. So kann man grob sagen, dass größere Ketten häufig billigere Preise anbieten können, da sie von den Herstellern größere Mengen abnehmen. Wichtiger als der Preis ist aber wie bereits im Kapitel „Wahl Hörgeräteakustiker*in“ erwähnt die Qualität der Beratung.
Man sollte sich bei der Wahl des Hörakustikers niemals vom Preis leiten lassen. Was nutzt es einem nachher, wenn man beim Kauf ein paar Euro gespart hat, aber mit dem Gerät unzufrieden ist. Wenn man sich überlegt wie viele Stunden die Hörgeräte einem im Alltag begleiten, spielt der Anschaffungspreis über die vielen Jahre gesehen letztendlich nur eine untergeordnete Rolle.
So beinhaltet der Kaufpreis neben den eigentlichen Hörgerätekosten auch eine Pauschale für die Beratung, Anpassung und die Nachsorge der Geräte. Sollte man das Gefühl haben bei einem Akustiker besonders gut beraten zu werden, sollte diese Beratung einem auch ein paar Euro mehr wert sein. Einen viel größeren Einfluss auf den Kaufpreis haben sowieso die Hörgerätebauform und der Hörgerätetyp.
Hörgerätebauformen
Für einen ersten Überblick werden hier unterschiedlichen Bauformen grob vorgestellt. Bei wem, welche Bauformen letztendlich möglich sind muss individuell beim Hörakustiker geklärt werden.
Hinter-dem-Ohr-Geräte (HdO): HdO-Geräte werden hinter dem Ohr getragen und sind gerade bei engen Gehörgängen oder bei hochgradiger Schwerhörigkeit das Mittel der Wahl. Aber auch aufgrund des Preises werden die HdO-Geräte bevorzugt gekauft. So sind HdO-Geräte im Vergleich zu IdO-Geräte bei gleicher Leistung im Allgemeinen günstiger.
HdO-Gerät mit einem ca. 2,5 mm breiten Schallschlauch: Der Allrounder unter den Hörgeräten. Diese Geräte funktionieren auch bei hochgradiger Hörminderung. Allerdings sind sie optisch relativ auffällig.
HdO-Gerät mit einem ca. 1 mm breiten Schallschlauch: Gerade der dünnere Schallschlauch, sog. Slim Tube, macht die Geräte weniger auffällig als die Geräte mit 2,5 mm dickem Schallschlauch. Allerdings sind diese Geräte nur bei leichter Hörminderung im Hochtonbereich geeignet. Zudem muss darauf geachtet werden, dass der dünne Schlauch nicht abknickt.
HdO-Gerät mit einem externen Lautsprecher, sog „Receiver-In-Canal“-Geräte (RIC): Dadurch dass der Lautsprecher im Gehörgang sitzt, wird bei RIC-Geräten eine bessere Klangqualität im Vergleich zu den Geräten mit Schallschlauch erreicht. Bei starker Ohrschmalzproduktion sind die Geräte nicht geeignet.
In-dem-Ohr-Geräte (IdO): IdO-Geräte liegen ganz oder teilweise im Gehörgang und werden individuell an den jeweiligen Gehörgang angepasst. Vor allem für Brillenträger sind sie im Vergleich zu den HdO-Geräte meist angenehmer zu tragen. Zudem sind gerade die kleineren Bauformen der IdO-Geräte deutlich diskreter als HdO-Geräte. Auch weisen die tief im Gehörgang liegenden Geräte ein natürlicheres Klangbild auf. Allerdings sind diese Bauformen meist auch teurer als vergleichbare HdO-Geräte.
„In-The-Ear“-Geräte (ITE): ITE-Geräte haben die größte Bauform unter den IdO-Geräten. Hier befindet sich das Hörgerät nur teilweise im Gehörgang. Der außenliegende Teil des Geräts füllt die Ohrmuschel komplett aus.
„In-The-Canal“-Geräte (ITC): ITC- Geräte liegen vollständig im Gehörgang. Das Gerät schließt mit dem Gehörgang ab. Nur die Stirnseite des Gehäuses ist von außen sichtbar.
„Completely-In-Canal“-Geräte (CIC): CIC- Geräte liegen tiefer im Gehörgang als ITC-Geräte. Sie sind von außen nahezu nicht sichtbar. Mittels eines Nylonfadens können die Geräte aus dem Gehörgang gezogen werden.
„Invisible-In-Canal“-Geräte (IIC): IIC-Geräte sind noch einmal kleiner als CIC-Geräte und liegen zudem tiefer im Gehörgang als CIC-Geräte. Sie sind von außen nicht sichtbar. Auch sie verfügen über einen Nylonfaden, mit dem sie wieder aus dem Gehörgang gezogen werden können.
Hörgerätetypen
Neben der Bauform unterscheiden sich die Geräte auch in ihrer Leistung. Für die jeweilige Leistungsklasse gibt es keine feste Bezeichnung und auch die Anzahl der verfügbaren Leistungsklassen unterscheiden sich von Hersteller zu Hersteller. Typische Bezeichnung für die Leistungsklassen sind z.B. Basis, Economy, Komfort, Business, High-End.
Um die Geräte untereinander dennoch vergleichen zu können sollte man sich am Preis orientieren. Da die Hersteller in direkter Konkurrenz zueinander stehen, bieten sie für den gleichen Preis auch ungefähr die gleiche Leistung an. Unterschiede findet man innerhalb einer Leistungsklasse vor allem in den Details. So bietet der eine Hersteller z.B. einen besseren Akku, der andere bessere Anschlussmöglichkeiten mittels Bluetooth und der dritte vielleicht eine bessere App zur Steuerung der Hörgeräte. Lediglich bei den sog. Kassen- oder Nulltarif-Hörgeräten gibt es einen definierten Mindeststandard.
Mindeststandard für Kassen- oder Nulltarif-Hörgeräte:
Digitaltechnik
4 Kanäle
3 Hörprogramme
Rückkopplungsauslöschung
Störschallunterdrückung
Für den Kauf eines Kassen- oder Nulltarif-Hörgeräts fällt nur die gesetzliche Zuzahlung in Höhe von 10,- € an. Allgemein kann man sagen, dass Kassenhörgeräte heutzutage deutlich besser als ihr Ruf sind. Bei den Hörgeräten höherer Leistungsklassen übernimmt die Krankenkasse einen Festbetrag. Den Rest muss man selbst zahlen.
Da sich die genauen Leistungsmerkmale der verschiedenen Leistungsklassen mit fortschreitender Technik ständig verändern, werden diese hier im Detail nicht besprochen.
Ganz allgemein bieten höherpreisige Geräte:
mehr Kanäle
mehr Hörprogramme (teilweise werden die Hörprogramme automatisch an die aktuelle Hörsituation angepasst)
bessere Kopplungsmöglichkeiten (z.B. mit dem Fernseher mittels Bluetooth)
besseres Sprachverstehen in geräuschvoller Umgebung
bessere Klangqualität von Musik
Welche Leistungsklasse für einen sinnvoll ist, sollte jeder individuell beim Probetragen für sich herausfinden. Natürlich spielt hier auch der finanzielle Spielraum eine wichtige Rolle.
T-Spule und Bluetooth
Gerade für Menschen mit einer mittel- bis hochgradigen Schwerhörigkeit, die ihr Hörgerät aktiv nutzen wollen, sollten Geräte mit T-Spule und Bluetooth bevorzugen.
Die T-Spule (Telefonspule, Induktionsspule) ist vor allem im öffentlichen Raum wichtig. Mittels eines Magnetfelds können Signale direkt aufs Hörgerät übermittelt (induziert) werden. Der Schwerhörige kann sein Hörgerät ganz oder teilweise auf dieses T-Spulen-Signal umschalten, wodurch störende Hintergrundgeräusche minimiert werden. Bei induktiven Höranlagen ist eine sog. Ringschleife in den Boden verlegt. Über die Ringschleife wird dann das Signal direkt ins Hörgerät induziert. Eine zweite Möglichkeit ist eine sog. FM-Anlage. Hier wird das Signal per Funk an ein Empfangsgerät mit Halsringschleife übertragen, welches sich der Schwerhörige umhängt. Die Halsringschleife überträgt das Signal dann per Induktion auf das Hörgerät. Im Gegensatz zur Nutzung von Kopfhörern, die man entsprechend laut einstellt, wird hier der Sitznachbar nicht zum unfreiwilligen Mithörer. Die Halsringschleifen gibt es auch als eigenständige Hörhilfe mit einer 3,5mm-Klinke, so dass man sie wie normale Kopfhörer nutzen kann.
Im privaten Bereich spielt vor allem Bluetooth als herstellerunabhängige Übertragungstechnik eine wichtige Rolle. So kann man Bluetooth-fähige Hörgeräte direkt mit dem Smartphone, dem Fernseher oder auch dem Computer koppeln. Telefonate können direkt über das Hörgerät angenommen werden. Über das Mikrofon des Hörgeräts kann man direkt antworten.
Nach dem Hörgerätekauf
Eingewöhnungsphase
Wie lange die Eingewöhnung an die Hörgeräte dauert lässt sich nicht pauschal sagen. Grob kann man aber davon ausgehen, dass die Eingewöhnungsphase länger dauert, wenn:
die Schwerhörigkeit schon lange ohne entsprechende Behandlung bestand
die Schwerhörigkeit recht ausgeprägt ist
die Hörgeräte nicht regelmäßig getragen werden
die hörgeschädigte Person schon älter ist (in diesem Fall fällt es dem Gehirn meist schwerer sich auf das veränderte Klangbild umzustellen)
Wichtig ist sich am Anfang nicht entmutigen zu lassen. Je nach Schwere der Hörbeeinträchtigung können Sprache und Geräusche zunächst seltsam bis unangenehm klingen. So sind bei einer Altersschwerhörigkeit ja vor allem die hohen Frequenzen von der Hörminderung betroffen. Mit den Hörgeräten werden diese nun plötzlich wieder wahrgenommen. Vogelgezwitscher oder auch Kindergeschrei erscheinen einem plötzlich viel zu laut. Das liegt aber nicht an falsch angepassten Hörgeräten, sondern liegt daran, dass sich das Gehirn an die durch die Hörminderung gedämpften Geräusche gewöhnt hat. Um hier Frustration zu vermeiden sollte man sich Schritt für Schritt an neue Hörsituationen herantasten:
Bewusstes Hören der eigenen Stimme: Neben der Gewöhnung an den Klang der eigenen Stimme geht es zunächst auch darum wieder in „normaler“ Lautstärke zu sprechen.
Gewöhnung an Geräusche zu Hause: Mit den Hörgeräten werden plötzlich wieder viel mehr Geräusche wahrgenommen: das Klappern von Geschirr, das Fließen des Wassers aus dem Hahn.
Sprachverstehen in ruhiger Umgebung: Dies beinhaltet direkte Gespräche mit anderen Personen, aber auch das Verstehen des Fernsehers. Gerade beim Fernseher können z.B. Filme mit lauter Hintergrundmusik am Anfang noch schwierig zu verstehen sein. Ein guter Einstieg sind hier Nachrichtensendungen.
Sprachverstehen mit Hintergrundgeräuschen: Auch hier kann der Fernseher ein gutes Übungsgerät sein. So wird in Filmen und Serien meistens kein allzu großer Wert auf ein möglichst klares Sprechen gelegt. Die Menschen sollen authentisch klingen und eben nicht wie ein Nachrichtensprecher. Als weitere Übung kann man auch Gespräche zu Hause führen während man im Hintergrund das Radio laufen lässt. Mit der Zeit kann man die Lautstärke des Radios immer weiter erhöhen und so die Schwierigkeit der Übung steigern.
Sprachverstehen in kleiner Runde: Im nächsten Schritt kann man sich dann an Gesprächen mit mehreren Personen versuchen. Wobei gleichzeitig mehrere Gespräche in der Gruppe geführt werden. Die Herausforderung dieser Übung besteht nicht im Ausblenden der verschiedenen Gespräche, sondern darin im Wechsel den verschiedenen Gesprächen zu folgen.
Sprachverstehen in großer Runde: Dies ist dann mit die Königsdisziplin im Sprachverstehen. Große Familienfeiern oder Veranstaltungen mit vielen Einzelgesprächen, Hintergrundgeräuschen und meist auch einer nicht optimalen Raumakustik erschweren das Sprachverstehen noch einmal deutlich.
Wichtig ist es am Anfang am Ball zu bleiben und sich bewusst neuen Hörsituationen zu stellen. Allerdings sollte einem auch bewusst sein, dass es sich bei Hörgeräten um Hörhilfen handelt. Gerade bei mittel- bis hochgradiger Schwerhörigkeit wird man im Vergleich zu einem „Normalhörenden“ immer Abstriche machen müssen.
Hörstrategien
Mit einer mittel- oder hochgradigen Schwerhörigkeit wird man immer wieder auf herausfordernde Hörsituationen stoßen. Mit der richtigen Hörstrategie kann man sich den Alltag aber deutlich erleichtern:
Schwerhörigkeit offen ansprechen: Man sollte keine Hemmungen haben die eigene Schwerhörigkeit offen anzusprechen, wenn man Schwierigkeiten hat dem Gespräch zu folgen. Es wirkt mit Sicherheit besser, wenn man zu seiner Schwerhörigkeit steht, als wenn man unpassende Antworten gibt oder bereits Gesagtes wiederholt.
Pausen machen: Hören in schwierigen Hörsituationen erfordert viel Konzentration. Um den Gehirn zwischendurch eine Pause zu gönnen, sollte man sich von Zeit zu Zeit bewusst aus der belastenden Hörsituation zurückziehen. Allerdings sollte man dies nicht heimlich machen, sondern offen ansprechen: „Ich brauch mal eine kleine Pause. Mit meiner Schwerhörigkeit ist das Hören hier in der lauten Umgebung auf Dauer doch etwas anstrengend.“ Ansonsten kann es passieren, dass die anderen Anwesenden das Zurückziehen als eine Ablehnung ihnen gegenüber deuten.
Orte bewusst wählen: Bei Situationen mit lauten Hintergrundgeräuschen sollte man versuchen Gespräche etwas abseits zu führen. Bei Familienfesten kann dies z.B. der Balkon oder die Küche sein. In Restaurants sollte man einen Tisch in einem Nebenraum bevorzugen. Sollte es keine Nebenräume geben, ist es von Vorteil einen Tisch in der Nähe einer Wand zu wählen und sich mit Blickrichtung zur Wand zu setzen. Der Gesprächspartner sollte mit dem Rücken zur Wand sitzen. Der Vorteil ist hier, dass dann keine anderen Geräusche aus der „Gesprächsrichtung“ kommen. Gerade in Kombination mit dem passenden Hörprogramm, welches den Aufnahmebereich der Hörgeräte auf einen Winkel nach vorne beschränkt, kann man sich so auch in lauter Umgebung recht gut unterhalten.
Reinigung und Wartung
Um Reparaturen zu vermeiden ist die richtige Pflege sowie eine regelmäßige Wartung der Hörgeräte wichtig.
Für die Wartung ist der Hörakustiker zuständig. Wie häufig man den Hörakustiker hierfür aufsuchen sollte hängt unter anderem von der Hörgerätebauform ab. Der Hörakustiker wird einem die empfohlenen Wartungsintervalle beim Kauf der Geräte mitteilen.
Zu den eigenen Aufgaben jedes Hörgerätebesitzers gehört die richtige Pflege der Hörgeräte. So sollten die Geräte möglichst täglich getrocknet werden. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten:
Trocknungsgerät: Im Trocknungsgerät werden die Hörgeräte mittels eines erwärmten Luftstroms getrocknet. Während der Trocknung müssen die Batterien bzw. die Akkus (falls möglich) entfernt werden. Die Trocknung dauert in der Regel ein bis drei Stunden. Manche Geräte arbeiten zusätzlich mit UV-C-Licht um die Geräte gleichzeitig zu desinfizieren. Für den Betrieb des Trocknungsgeräts ist eine Steckdose notwendig.
Trockenkapseln: Die Trocknung erfolgt hier mit speziellen Trockenkapseln, die der Luft Feuchtigkeit entziehen. Hierfür müssen die Hörgeräte mit einer Kapsel über Nacht in eine verschlossene Box gelegt werden. Während der Trocknung müssen auch hier die Batterien bzw. die Akkus (falls möglich) entfernt werden.
Bei der Reinigung der Geräte geht es vor allem darum Ohrenschmalz zu entfernen. Die Art der Reinigung hängt von der Bauformen des Hörgeräts ab und wird einem beim Kauf vom Akustiker erläutert.