Inhaltsverzeichnis:
- Power-Hörgerät
- CROS- und BiCROS-Hörgeräte
- Knochenverankertes Hörgerät
- Aktives Mittelohrimplantat
- Cochlea-Implantat
- Hirnstammimplantat
- Kommentare
Zurück zu:
Die folgenden Inhalte spiegeln lediglich persönliche Erfahrungen und Meinungen wieder. Es handelt sich hierbei ausdrücklich um keine medizinische oder fachliche Beratung.
Unter anderem bietet der Deutsche Schwerhörigenbund (DSB) Landesverband Baden-Württemberg e. V. im Rahmen der EUTB (früher HörBIZ) eine individuelle fachliche Beratung zu Hilfsmitteln.
Bei einer hochgradigen Hörbehinderung gibt es je nach Schwere oder Ursache der Beeinträchtigung verschieden Möglichkeiten der Hilfsmittelversorgung:
- Power-Hörgeräte bei hochgradiger Innenohrschwerhörigkeit
- CROS- / BiCROS-Hörgeräte bei einseitiger an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit oder bei einseitiger Taubheit
- Knochenverankerte Hörgeräte bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder bei einseitiger Taubheit
- Mittelohrimplantate bei hochgradiger Innenohrschwerhörigkeit
- Cochlea-Implantate bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder Taubheit (Cochlea und Hörnerv funktionsfähig)
- Hirnstammimplantate bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder Taubheit (Cochlea oder Hörnerv nicht funktionsfähig)
Power-Hörgerät
Power-Hörgeräte (genauso wie High-Power- und Super-Power-Hörgeräte) unterscheiden sich im Vergleich zu „normalen“ Hörgeräten primär in ihrer Verstärkungsleistung. Bei den Geräten handelt es sich bislang hauptsächlich um Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO), da für das Mehr an Leistung meistens auch ein größeres Gehäuse mit mehr Technik und einer größeren Batterie nötig ist. Mit fortschreitender Technik gibt es mittlerweile aber auch Im-Ohr-Hörgeräte (IdO) mit einer relativ hohen Verstärkungsleistung. Die Entscheidend bei den Power-Hörgeräten ist, dass die Geräte korrekt eingestellt werden. So müssen sie den Ton zwar laut genug verstärken, dass der Hochgradig-Schwerhörige den Ton auch wahrnimmt. Gleichzeitig darf der Ton aber nicht so laut sein, dass er das natürliche (Rest-)Gehör schädigt.
Eine weitere Schwierigkeit bei der Einstellung von Power-Hörgeräten ist, dass es durch die hohe Verstärkung häufiger zu Rückkopplungen (Feedbacks) kommen kann. Um dieses so weit wie möglich zu unterbinden ist u.a. ein optimal angepasstes Ohrstück (sog. Otoplastik) entscheidend.
Fazit: Bei hochgradiger Schwerhörigkeit können Power-Hörgeräte durchaus eine sinnvolle Versorgungsalternative darstellen. Entscheiden für eine zufriedenstellende Versorgung ist, dass die Geräte vom Hörakustiker optimal eingestellt werden. Inwieweit eine Versorgung mit einem Power-Hörgerät noch sinnvoll ist, muss mit dem HNO-Arzt bzw. dem Hörakustiker abgeklärt werden.
CROS- und BiCROS-Hörgeräte
Bei einer einseitigen hochgradigen Hörschädigung können auch sog. CROS- bzw. BiCROS-Hörgeräte verwendet werden. Eine CROS- bzw. BiCROS-Versorgung besteht immer aus zwei Hörgeräten. Das Hörgerät am schlechten Ohr ist ein reiner Empfänger, der den Ton an das Hörgerät am „besseren“ Ohr überträgt.
Bei einer CROS-Versorgung (CROS: „Contralateral Routing Of Signal“: ) weist das „bessere“ Ohr keine Hörminderung auf. Das Hörgerät am gesunden Ohr empfängt hier nur den Ton vom Hörgerät der „schlechten“ Seite und sendet diesen unverarbeitet auf das gesunde Ohr.
Bei einer BiCROS-Versorgung weist das „bessere“ Ohr ebenfalls eine Hörminderung auf. Das Hörgerät am „besseren“ Ohr empfängt hier nicht nur den Ton vom Hörgerät der „schlechten“ Seite, sondern auch den Ton von der „besseren“ Seite. Beide Signale werden dann im Hörgerät entsprechend der Hörminderung verarbeitet und verstärkt an das „bessere“ Ohr gesendet. Wichtig ist hier, dass die Hörminderung am besseren Ohr nicht zu ausgeprägt sein darf.
Fazit: Eine CROS- bzw. BiCROS kann bei einer einseitigen an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder bei einer Taubheit eine sinnvolle Versorgungsalternative sein um ein gewisses Maß an Richtungshören zu ermöglichen.
Erfahrungsbericht CROS-Versorgung – Lüder de Riese
Als direkt Betroffener hat sich Lüder (de Riese) intensiv mit dem Thema einseitige Ertaubung beschäftigt und sich letztendlich für eine CROS-Versorgung entschieden. Seinen Weg zur CROS-Versorgung und seine Erfahrungen mit den Hörgeräten hat er ausführlich in einem DSB-Artikel (erschienen im Magazin „Spektrum Hören“, Ausgabe Nr. 2 – März/April 2020, Seite 27 ff.) beschrieben. Des Weiteren betreibt er einen eigenen Blog, auf dem er seine aktuellen Erfahrungen schildert:
- DSB-Artikel („Spektrum Hören“, Ausgabe Nr. 2 – März/April 2020, Seite 27 ff.): Mein Weg zum CROS-Hörgerät (PDF)
- Blog von Lüder de Riese zur CROS-Versorgung
Erfahrungsbericht BiCROS-Versorgung – Christian von InklusivES
Im Artikel beschreibt InklusivES-Redakteur Christian die eigenen Erfahrungen mit seiner BiCROS-Versorgung. Dabei kannst du ihm über den Kommentar-Bereich Fragen direkt stellen.
Knochenverankertes Hörgerät
Knochenverankerte Hörgeräte werden unter die Haut implantiert und am Knochen befestigt. Bei einem „normalen“ Hörgerät wird der Ton verstärkt und per Luftschwingung an das Mittelohr (bestehend u.a. aus dem Trommelfell und den Gehörknöchelchen) übertragen. Bei einem knochenverankerten Hörsysteme wird der Knochen als Überträger an das Innenohr (bestehend u.a. aus der Gehörschnecke, der sog. Cochlea) genutzt. Diese Versorgungsvariante wird vor allem bei Menschen eingesetzt, bei denen das Außen- oder Mittelohr der Grund für die Hörbeeinträchtigung ist. Das Innenohr und der Hörnerv müssen funktionsfähig sein.
Auch bei einer einseitigen Ertaubung kann ein knochenverankerte Hörsysteme sinnvoll sein. In diesem Fall wird nur auf der ertaubten Seite ein solches System implantiert. Der Schall wird dann über den Knochen an das gesunde Ohr übertragen. Man erreicht hierdurch ein beidseitiges Hören mit nur einem Gerät.
Anmerkung: Häufig werden knochenverankerte Hörgeräte auch als BAHA („Bone Anchored Hearing Aid“) bezeichnet. Ursprünglich handelt es sich bei der Bezeichnung BAHA aber um eine Produktbezeichnung für ein knochenverankertes Hörgerät der Marke „Cochlear“. Mittlerweile gibt es knochenverankerte Hörgeräte von diversen Herstellern.
Fazit: Grundsätzlich ist die Versorgung mit einem knochenverankerten Hörgeräte nur bei einem recht spezifischen Krankheitsbild sinnvoll. Daher ist eine genau und intensive fachliche Beratung vor der Entscheidung für ein solches System wichtig.
Aktives Mittelohrimplantat
Aktive Mittelohrimplantate werden bei leichter bis schwerer Innenohrschwerhörigkeit verwendet. Das Implantat besteht aus zwei Teilen: einem Audioprozessor und einem Implantat. Der Audioprozessor nimmt Töne aus der Umgebung auf und verarbeitet diese zu elektrischen Signalen. Das Implantat im Mittelohr empfängt diese elektrischen Signale und wandelt sie in mechanische Schwingungen um, die dann in der Cochlea die Haarsinneszellen anregen.
Bei aktiven Mittelohrimplantaten gibt es sowohl voll implantierte Systeme, bei denen alle Komponenten (inklusive Batterien und Mikrofon) unter der Haut implantiert sind und auch teil-implantierte Systeme, bei denen lediglich das Implantat unter der Haut liegt. Der Sprachprozessor mit Mikrofon und Batterien sitzt außen am Hinterkopf.
Fazit: Gerade auch bei einer schweren Innenohrschwerhörigkeit können aktive Mittelohrimplantate eine gute Alternative zu Power-Hörgeräten sein, da hier z.B. eine geringere Gefahr der Rückkopplung besteht. Auch chronische Gehörgangsentzündungen können die Verwendung eines Mittelohrimplantats erfordern. Gleichzeitig geht eine Implantation natürlich auch immer mit gewissen Operationsrisiken einher, weswegen man sich vorab sehr genau fachlich beraten lassen sollte.
Cochlea-Implantat (CI)
Allgemeine Tipps für CI-Träger sind im Menü unter Nützliches zu finden.
Cochlea-Implantate bieten Menschen bei einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit oder einer Taubheit die Möglichkeit wieder zu hören. Voraussetzung für eine Implantation ist neben weiteren Faktoren, dass die Cochlea und der Hörnerv grundsätzlich funktionsfähig sind.
Ein CI besteht aus zwei Teilen: einem Audioprozessor mit Spule und dem eigentlichen Implantat. Der Audioprozessor wird hinter dem Ohr wie bei einem Hörgerät getragen. Er nimmt Töne aus der Umgebung auf und verarbeitet diese zu einem speziellen elektrischen Pulsmuster, welches dann an die Spule weitergeleitet wird. Die durch Magnetkraft über dem Implantat gehaltene Spule sendet das Pulsmuster durch die Haut ans Implantat. Das Implantat leitet das Pulsmuster dann an die Elektroden in der Cochlea weiter, wo letztendlich der Hörnerv entsprechend den verschiedenen elektrischen Impulsen unterschiedlich stimuliert wird. Die Signale des Hörnervs werden dann vom Gehirn als akustisches Ereignis interpretiert.
Das Hören mit CI unterscheidet sich stark vom „normalen“ Hören und das Gehirn muss erst einmal lernen, die durch das CI erzeugten Signale zu interpretieren. Hierfür bedarf es einer umfassenden Rehabilitation im Anschluss an die CI-Operation. Während der Reha erfolgt ein intensives Hör- und Sprachtraining. Zudem wird der Sprachprozessor schrittweise individuell angepasst, so dass der Betroffene im Alltag ein möglichst gutes Sprachverstehen erlangt.
Auch eine einseitige hochgradige Innenohrhörschwerhörigkeit kann mit einem Cochlea Implantat (CI) behandelt werden. Bei einer Versorgung mit einem CI auf dem einen Ohr und einem Hörgerät auf dem anderen Ohr spricht man von einer bimodalen Versorgung.
Da es sich bei einer CI-Versorgung um einen sehr weitreichenden Schritt handelt, sollten man sich vor einer entsprechenden Operation am besten mit anderen Betroffenen, die bereits mit Cochlea-Implantaten hören, auszutauschen. Ein möglicher Ansprechpartner ist hier z.B. die Deutsche Hörbehinderten Selbsthilfe oder die „Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft“:
- des DCIG – Bundesverbands
- des Cochlea Implantat Verbands Baden-Württemberg e.V. (CIV)
- der CIV – Selbsthilfegruppe Stuttgart
- der DCIG – (Young) Block Community: „Deaf-Ohr-Alive“
Weitere Informationsquellen:
Die MEDIAN Klinik am Südpark Bad Nauheim (ca. 2,5h mit dem Auto von Esslingen) bietet regelmäßig eine Seminarwochenende zum Thema CI an. Teil des Seminars sind neben Informationsveranstaltungen auch persönliche Beratungsgespräche und eine genaue Diagnostik um abzuklären, ob im persönlichen Einzelfall ein CI sinnvoll ist:
Fazit: Eine Cochlea-Implantat ist bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder Taubheit eine häufig gewählte Versorgungsmöglichkeit. Aufgrund der weitreichenden Folgen einer solchen Operation sollte man sich vorab ausführlich von Ärzten und andern Betroffenen, die bereits mit einem CI hören, beraten lassen.
Hirnstammimplantat
Zum Beispiel bei Menschen, bei denen der Hörnerv nicht funktionsfähig ist, ist eine Versorgung mit einem Cochlea-Implantat nicht möglich. In diesem Fall kann u.U. eine Versorgung mit einem sog. Hirnstammimplantat (engl. Auditory Brainstem Implant, kurz: ABI) ein Resthören ermöglichen. Der Aufbau eines solchen Hirnstammimplantats ähnelt sehr der eines Cochlea-Implantats (CI). Es besteht aus einem von außen sichtbaren Audioprozessor mit Spule und dem eigentlichen Implantat, welches unter der Haut liegt. Der unterschied der beiden Systeme liegt darin wo die elektrische Stimulation stattfindet. Im CI wird der Hörnerv an der Cochlea stimuliert. Bei einem Hirnstammimplantat hingegen erfolgt die Stimulation am sog. „Nucleus cochlearis“ im Hirnstamm. Allerdings kann bislang hierdurch nur ein sehr rudimentäres Hören ermöglicht werden. So können verschiedene Geräusche zwar unterschieden werden. Ein Sprachverstehen ist aber bislang auch mit intensivem Training nur eingeschränkt möglich.
Fazit: Ein Hirnstammimplantat bietet bei spezieller medizinischer Indikation, wie z.B. bei einem nicht funktionsfähigen Hörnerv, die Möglichkeit ein gewisses Maß an Resthören zu ermöglichen. Allerdings ist bislang mit einem Hirnstammimplantat ein Sprachverstehen nur in recht geringem Maße möglich.