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Wenn der Berg den Rollstuhlfahrer ruft… Wie wäre es mit Oberstdorf? Oberstdorf liegt wunderschön im Allgäu und ist in rund zwei Stunden mit dem Auto von Esslingen zu erreichen. Aktuell bietet Oberstdorf einige nach „Reisen für Alle“-zertifizierte Angebote* aus den Bereichen Übernachtung, Gastronomie sowie auch Freizeitgestaltung. Darüber hinaus gibt es eine spezielle „Rolli-Wanderkarte“ mit Wandertipps für Aktiv- und E-Rollis**. Viele nützliche Tipps findet man auf: www.oberstdorf.de/gesundheit/barrierefrei
* „Reisen Für Alle“-zertifizierte Angebote: zertifiziert heißt nur, dass das Angebot hinsichtlich der Barrierefreiheit objektiv bewertet wurde und nicht zwangsläufig, dass es rollstuhlgerecht ist. Auch trifft die Zertifizierung keine Aussage darüber, ob das Angebot mit Rollstuhl letztendlich attraktiv ist.
** Der Urlaubsbericht beschreibt die Erfahrungen mit einem Aktivrollstuhl. Aber auch mit E-Rolli kann vieles von dem hier beschriebenen erlebt werden. So ist u.a. das unten vorgestellte „Hotel Viktoria“ auch für E-Rollifahrer*innen zu empfehlen.
Anreise
Mit dem Auto ist Oberstdorf in rund 2 Stunden gut zu erreichen. Alternativ kann man auch mit dem Zug anreisen. Das unten vorgestellte Hotel Viktoria holt seine Gäste mit einem rollstuhlgerechten Fahrzeug vom Bahnhof ab.
Unterkunft
Wir haben uns für das auf Rollstuhlfahrer spezialisierte „Hotel Viktoria“ entschieden, da wir mehr als eine reine Übernachtungsmöglichkeit gesucht haben.
- www.viktoria-oberstdorf.de
- www.rollstuhl-hotel.de (Infos für „Rolli-Gäste“ des Hotels Viktoria)
Das Hotel liegt in Rubi, ca. 3,5 km vom Zentrum Oberstdorf. Dadurch muss man zum Bummeln zwar einen gewissen Weg in Kauf nehmen, dafür hat man dort aber einen herrlichen Blick auf die Berge und im Gegensatz zum Zentrum von Oberstdorf einen eher dörflichen Charakter.
Bei den Zimmern sollte man beachten, dass diese nicht DIN-barrierefrei sind. Viel mehr verfolgt das Hotel den Ansatz das richtige Zimmer für die jeweilige Beeinträchtigung anzubieten. So unterscheiden sich die Zimmer z.B. in der minimalen Gangbreite, dem Platz ums Bett oder in der Gestaltung des Sanitärbereichs. Einen Überblick über die Zimmer findet man unter: www.rollstuhl-hotel.de/zimmer. Um das für sich passende Zimmer zu finden, empfiehlt sich der direkte Kontakt mit der Hotelrezeption.
Nach unserem Empfinden sind die Zimmer eher im Bereich 3-Sterne. Was das 4-Sterne-Hotel allerdings empfehlenswert macht ist das Drumherum:
- rollstuhlgerechte geführte Wanderungen: je nach Witterung zwei- bis dreimal pro Woche; Preis: 15,- bis 30,- € p.P.; ggf. Fahrt zum Ausgangspunkt der Wanderung und Abholung mit rollstuhlgerechten Fahrzeugen (Angebot selbst nicht getestet)
- Fahrservice mit rollstuhlgerechten Fahrzeugen: u.a. kostenlos nach Oberstdorf viermal täglich (Angebot selbst nicht getestet)
- kostenlose Nutzung des SPA-Bereichs: Pool mit Deckenlifter, 1,34 m tief; rollstuhlgerechte finnische Sauna und ein rollstuhlgerechtes Dampfbad; Fitnessraum u.a. mit MOTOmed
- umfangreiches Angebot an meist kostenpflichtigen Leihhilfsmitteln
- großes Frühstücksbuffet bis 11:00 Uhr
- empfehlenswertes Abendmenü: Salatbuffet; Wahl aus zwei Vorspeisen; Wahl aus drei Hauptspeisen; süßes Dessert, Eis und Käseauswahl
- Freizeitraum mit Tischtennis, Tischkicker, Billard und Airhocky (allerdings recht beengt und nur bedingt rollstuhlgerecht; Nutzung mit E-Rolli fraglich)
- viel Erfahrung mit Gästen mit einer Gehbeeinträchtigung
Unser Fazit zum Hotel: Für rund 200,- € pro Nacht für zwei Personen im Doppelzimmer ist das Hotel Viktoria sicher nicht die günstigste Übernachtungsmöglichkeit in Oberstdorf. Berücksichtigt man aber die Zusatzangebote speziell für Rollstuhlfahrer, so finden wir, ist der Preis wirklich gerechtfertigt. Wir hatten auf jeden Fall einen sehr schönen Aufenthalt.
Wandern
Oberstdorf bietet Rollstuhlfahrern einige nach „Reisen Für Alle“-zertifizierte Wanderwege:
- Rundweg nach Rubi
- Panoramaweg ab Station Höfatsblick der Nebelhornbahn
- Wanderweg Skiflugschanze – Faistenoy – Anatswald – Birgsau
- Wanderweg über Kühberg ins Oytal
- Radweg Trettachtal
Man sollte sich die Beschreibungen von „Reisen Für Alle“ genau durchlesen um zu entscheiden inwieweit die Wanderung für einen geeignet ist. Auch sollte man den Bodenbelag nicht unterschätzen: Split- und Waldboden fahren sich deutlich schwieriger als Asphalt.
Ergänzend gibt es eine „Rolli-Wanderkarte“ auf der insgesamt 14 Touren meist um Rubi beschrieben sind. Einige der beschriebenen Wanderungen sind mit den zertifizierten Wanderwegen ganz oder teilweise identisch. Die Karte unterscheidet zwischen:
- Wandertipps für alle Rollstuhlarten geeignet
- Wandertipps für E-Rollstuhl und/oder kräftige Begleitperson zum Schieben bzw. Halten
- Wandertipps ohne Beschreibung
Der Karte kostet 5,- € und ist in jedem Touristenbüro in Oberstdorf, online und im Hotel Viktoria erhältlich.
Sonstige Freizeitaktivitäten
Generell lohnt auch ein Blick in den Veranstaltungskalender von Oberstdorf. Wie von einem Touristenort nicht anders zu erwarten findet man hier gerade während der Hauptsaison viele lohnenswerte Angebote. Ob die einzelnen Veranstaltungen barrierefrei sind, ist im Kalender leider nicht gekennzeichnet. Hier muss man im Zweifelsfall beim Anbieter selbst nachfragen.
Bummeln durch Oberstdorf
Die Innenstadt von Oberstdorf ist großenteils Fußgängerzone. Gerade im Sommer laden hier viele Cafés und Restaurants mit einem ebenerdigen Außenbereich zum gemütlichen Verweilen ein. Auch Geschäfte für das ein oder andere Mitbringsel findet man hier natürlich zu Hauf. Darüber hinaus gibt es eine große Anzahl an Geschäften für Outdoor-Ausrüstung, die zumindest während unseres Besuchs Mitte September auch einige Schnäppchen zu bieten hatten.
Behindertengerechte Toiletten:
- Liste der behindertengerechten Toiletten in der Oberstdorfer Gastronomie: die Toiletten dürfen auch genutzt werden, wenn man dort nicht einkehrt!
- Liste der behindertengerechten Toiletten auf der Internetseite von Oberstdorf
Bergbahnen
Eines der Highlights unseres Urlaubs in Oberstdorf waren sicher die Bergbahnen. Auch mit Rollstuhl hat man hier die Möglichkeit wunderschöne Bergpanoramen zu erleben:
Die Talstation der Nebelhornbahn liegt am Rand der Oberstdorfer Innenstadt. Die Bergbahn bringt einen über die Mittelstationen Seealpe (1.280 m) und Höfatsblick (1.932 m) auf die Bergstation (2.224 m). Besonders empfehlenswert ist hier der rund 100 Meter lange Nordwandsteig. Er bietet auch Rollstuhlfahrern die Möglichkeit den Gipfel des Nebelhorns zu umrunden und so ein wirklich phantastisches Bergpanorama zu erleben. Wem der Weg zum Tunnel (offizieller Weg zum Nordwandsteig) zu steil ist, kann stattdessen direkt nach dem Verlassen der Gipfelbahnstation einen U-Turn machen und durch den linken Gang fahren. Hier ist nur eine kleine Schwelle zu überwinden. Auf der Mittelstation Höfatsblick startet der nach „Reisen für Alle“-zertifizierte rund 1.000 Meter lange Panoramaweg, der auch für Rollstuhlfahrer mit Begleitperson geeignet ist (kein Rundweg, selbst nicht getestet). Details zur Barrierefreiheit der Nebelhornbahn findet man auf „Reisen für Alle“.
Die Fellhornbahn liegt ca. 8 km außerhalb der Oberstdorfer Innenstadt. Sie fährt über die Mittelstation Schlappoldsee (1.780 m) auf die auf 1.967 Meter gelegene Gipfelstation, von der man dann einen herrlichen Rundumblick auf die Allgäuer Alpen hat. An beiden Stationen besteht die Möglichkeit gemütlich einzukehren. Jedoch muss man als Rollstuhlfahrer auf der Außenterrasse des „Gipfelrestaurants Fellhorn“ etwas aufpassen, da die Holzdielen dort in Fahrtrichtung verlegt sind und relativ breite Spalten aufweisen, in die man mit den Rollstuhlreifen u.U. reinrutschen kann. Auf der Bergstation wird im ersten Stock (Aufzug) ein Kurzfilm über die lokale Tier- und Pflanzenwelt gezeigt. Die Fellhornbahn wurde ebenfalls nach „Reisen für Alle“ zertifiziert. Allerdings ist diese aktuell abgelaufen. Die Rezertifizierung läuft gerade.
Auch die Walmendingerhornbahn und die Kanzelwandbahn in Österreich können laut Internet im dem Rollstuhl genutzt werden (Infos zu den rollstuhlgerechten Bergbahnen, selbst nicht getestet).
Audi-Arena und Heini-Klopfer-Skiflugschanze
Die Audi-Arena liegt am Rande der Oberstdorfer Innenstadt und ist wohl auch für Rollstuhlfahrer sehr empfehlenswert. Leider könnten wir dies aufgrund von Renovierungsmaßnahmen nicht selbst testen. Momentan ist die Audi-Arena wohl wieder zugänglich. Ausführliche Informationen zur Barrierefreiheit der Audi-Arena auf „Reisen für Alle“
Die Heini-Klopfer-Skiflugschanze liegt außerhalb der Oberstdorfer Innenstadt in der Nähe der Talstation der Fellhornbahn. Auch die Heini-Klopfer-Skiflugschanze ist nach „Reisen für Alle“-zertifiziert. Allerdings müssen wir aus unserer Sicht sagen, dass sich ein Besuch der Skiflugschanze mit Rollstuhl nicht wirklich lohnt. Man kann zwar den Schrägaufzug zur Bergstation problemlos nutzen. Oben angekommen hat man dann aber mit dem Rollstuhl nur wenig Möglichkeiten. So kann der Aufzug im Schanzenturm zur Aussichtsplattform mit dem Rollstuhl nicht genutzt werden. Auch bietet sich von der Bergstation selbst kein nennenswerter Panoramaausblick.
Tagesausflug Bregenz: Pfänderbahn und Bodenseeschifffahrt
Die Fahrt mit dem Auto von Oberstdorf nach Bregenz dauert ca. 1,5 Stunden. Da in Österreich auf allen Autobahnen und Schnellstraßen bekanntlich Mautpflicht herrscht, sollte man darauf achten diese ohne entsprechende Vignette nicht zu nutzen. Praktischerweise lässt sich die Fahrt von Oberstdorf nach Bregenz aber auch gut ohne mautpflichtige Straßen bewältigten.
Ein der beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Bregenz ist die Pfänderbahn, mit der man auch mit Rollstuhl auf die 1.022 Meter hoch gelegene Bergstation nahe der Pfänderspitze gelangen kann. Von dort hat man dann einen herrlichen Blick über den Bodensee. Allerdings hat die Sache auch ihren Haken. So muss man um zum Panoramaaussichtspunkt zu kommen von der Bergstation aus noch einmal eine recht steile ca. 10 m lange Steigung überwinden (ggf. Begleitperson notwendig). Ansonsten gibt es auf der Bergstation noch ein Kiosk und die SB-Gaststätte Berghaus Pfänder. Personen mit einem GdB ab 70% und deren Begleitperson zahlen jeweils 11,90€ (Stand Sommer 2019). Behindertenparkplätze sind an der Talstation vorhanden. Details zur Barrierefreiheit unter: www.pfaenderbahn.at/de/service/barrierefrei
Die Bregenzer Innenstadt fanden wir zum Bummeln und Shoppen eher weniger lohnenswert. Reizvoller ist hier eine kleine Schiffsfahrt auf dem Bodensee. So besteht mehrmals täglich die Möglichkeit einer einstündigen Rundfahrt in der Bregenzer Bucht, einer zweieinhalbstündigen Dreiländer-Panoramafahrt (Details zu den Rundfahrten) oder einer Linienfahrt z.B. nach Lindau (Fahrplan der Linienfahrten). Zusätzliche Informationen zum Thema barrierefreie Bodenseeschifffahrt findet man unter: www.bsb.de/de/info-service/ueber-uns/barrierefreiheit
Schlecht-Wetter-Programm
Da wir während unseres Urlaubs immer nur Sonnenschein hatten, mussten wir auf die folgenden Tipps nicht zurückgreifen:
- inatura: Das inatura-Erlebnismuseum in Dornbirn (Österreich) bei Bregenz vermittelt speziell Kindern aber auch Erwachsenen auf interaktive Weise die für das Vorarlberggebiet typischen Lebensräume von Gebirge, Wald und Wasser. Fahrzeit mit dem Auto von Oberstdorf ca. 1,5 Stunden (nicht selbst getestet)
- Tagesausflug Kempten: Kempten ist von Oberstdorf mit dem Auto gerade mal rund eine halbe Stunde entfernt. Neben einem Bummel durch die Innenstadt können laut Touristeninformation u.a. das Alpin-Museum inkl. der Alpenländische Galerie sowie auch die Prunkräume der Residenz mit dem Rollstuhl besichtigt werden (nicht selbst getestet).
- Gemütlicher SPA-Tag: Um trüben Wetter zu entfliehen, wie wäre es mit einem Saunabesuch und ggf. etwas Wellness? Das SPA im Hotel Viktoria ist rollstuhlgerecht und auch für Tagesgäste geöffnet.