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Welche Erfahrungen hast Du zum Thema Bildung und Erziehung gemacht? Hast Du Tipps an andere Betroffene?
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Erfahrungsberichte
Quelle: Erfahrungsbericht aus Schnecke 103, März 2019, Seite 65 (zur Schnecke-Online)
Mein Name ist Skrollan, und ich wurde im Oktober 2004 geboren. Im Alter von zwei Jahren kam ich in den Vorkindergarten, in dem ich anfangs noch keine Schwierigkeiten hatte. Nach einer gewissen Zeit wurden meine Eltern von den Erziehern auf mein Verhalten angesprochen, da ich, meist beim Spielen im Freien, oft andere Kinder schubste, um mich bemerkbar zu machen. Etwa ein halbes Jahr später wurde bei mir eine mittelgradige Schwerhörigkeit diagnostiziert.
Als ich dann in den Regelkindergarten aufgenommen wurde, wurde mir von unserem Landratsamt eine Eingliederungshilfe genehmigt. Des Weiteren ging ich regelmäßig zur logopädischen Therapie, um meine Aussprache zu verbessern. Gegen Ende meiner Kindergartenzeit kam dann die Entscheidung auf, in welche Grundschule ich gehen solle. Entweder an eine Schule für Hörgeschädigte oder an einer Regelgrundschule. Aus diesem Grund wurde im März 2011 an der Johannes-Wagner-Schule in Nürtingen eine Untersuchung zu meiner Schullaufbahn vorgenommen. Daraufhin wurde mir dann die Regelschule empfohlen.
An der Grundschule versuchte ich Kontakt zu meinen Mitschülern herzustellen, was sich als schwer herausstellte. Auf dem Pausenhof stand ich meist alleine herum, da ich große Schwierigkeiten hatte, mich bei dem Lärm mit meinen Mitschülern zu unterhalten. Der rein schulische Teil wurde meist positiv unterstützt. Sowohl die Schulleitung als auch die unterrichtenden Lehrerinnen halfen mir soweit sie konnten. Sie nahmen regelmäßig die FM-Anlage, und im Klassenzimmer waren auch drei Mikrofone für meine Mitschüler aufgestellt.
In meinem Klassenzimmer wurde vom Schulträger eine Akustikdecke eingebaut, die nicht nur eine Wohltat für mich war, sondern auch für meine Lehrer und Mitschüler. Zu der Zeit gehörte ich zu den Klassenbesten und hatte Motivation im Unterricht. Leider verschlechterte sich mein Gehör, also wurde mir in den Sommerferien zwischen der 3. und 4. Grundschulklasse im rechten Ohr ein Cochlea Implantat eingesetzt. Ich war noch weiterhin sehr gut in der Schule, also entschied ich, nach der 4. Klasse auf ein Regelgymnasium in Kirchheim zu gehen.
Dort wurde es immer schwieriger für mich, Freunde zu finden, und ich war auch dem Mobbing ausgesetzt, was zu schlechteren Leistungen in der Schule führte. Ich fühlte mich immer unwohler dort und in der 6. Klasse wurden meine schulischen Leistungen und Sozialkontakte so schlecht, dass ich mir wünschte, die Schule zu wechseln. Meine Mutter erzählte mir von einem Internat für Hörgeschädigte, in der Nähe von Freiburg namens BBZ Stegen. Ich war sofort neugierig und nervte meine Eltern so lange, bis wir das Internat kontaktierten. Zuerst habe ich mir die Schule dort für einen Tag angeschaut, und ich war mir sofort sicher, dass ich dort eine Probewoche im Internat machen möchte. Als ich diese dann im März machte, wurde ich liebevoll im Internat willkommen geheißen und ich habe mich dort sehr wohlgefühlt, auch von den Erziehern wurde ich unterstützt. Nach dieser Woche wusste ich: Da will ich hin!
Als ich im September 2017 dort in die 7. Klasse des Gymnasiums kam, fand ich sofort einige Freunde, aus meiner neuen Klasse und auch aus meiner Wohngruppe, in der ich wohne. Es gibt dort eher kleine Klassen zwischen vier und zwölf Schülern. Dadurch, dass die Lehrer darauf eingestellt sind, Hörgeschädigte und sogar Gehörlose zu unterrichten, verbesserten sich meine Noten deutlich. Ich finde es ist gut, so viele Leute im Umfeld zu haben, die dieselben Schwierigkeiten wie ich haben. Es ist außerdem leichter, mit ihnen zu kommunizieren, denn sie wissen, dass sie mit mir laut und deutlich sprechen müssen. Der Umgang untereinander ist sehr respektvoll.
Jetzt bin ich schon über ein Jahr auf der Schule und ich merke selbst, wie enorm ich mich weiterentwickelt habe. Früher habe ich mich nicht einmal getraut, etwas bei McDonalds oder beim Bäcker zu bestellen, jetzt habe ich überhaupt keine Probleme damit, fremde Leute anzusprechen. Auch im sozialen Leben habe ich mich positiv verändert. Meine Eltern sagen, es sei manchmal schwer für sie, wenn ich unter der Woche weg bin, aber dennoch sei es die allerbeste Entscheidung für mich gewesen. Meine Eltern und ich sind sehr dankbar.